Ahead of his upcoming visit to China between April 13.-15., we, in collaboration with the World Uyghur Congress, Tibet Initiative Deutschland, Gesellschaft für bedrohte Völker, and International Campaign for Tibet, have written a letter to Chancellor Olaf Scholz. In this letter, we urge for a more consistent and firm stance by Germany towards China.
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The letter:
Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,
aus Anlass Ihrer bevorstehenden Reise in die Volksrepublik China wenden wir uns als Koalition von Menschenrechtsorganisationen mit der Bitte an Sie, Anliegen, die die Situation in Tibet, Ost-Turkestan, Hongkong, der Süd-Mongolei und China selbst betreffen, mit Nachdruck gegenüber der chinesischen Regierung zur Sprache zu bringen.
Darüber hinaus bitten wir Sie, mit Nachdruck für die Rechte auch in Deutschland lebender Menschen einzutreten, die vor den Repressionen der Kommunistischen Partei Chinas geflohen sind und die sich für die Rechte von Tibetern, Uiguren, Hongkongern und Chinesen einsetzen.
Die im Juli 2023 verabschiedete China-Strategie der Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, „in der komplexen Beziehung zu China unsere Werte und Interessen besser zu verwirklichen“. Sie soll Wege und Instrumente aufzeigen, wie die Bundesregierung mit China zusammenarbeiten kann, „ohne Deutschlands freiheitlich-demokratische Lebensweise, unsere Souveränität, unseren Wohlstand sowie unsere Sicherheit und Partnerschaften mit anderen zu gefährden.“
Die Strategie verspricht: „Wir werden uns in unseren Beziehungen zu China weiter für die Einhaltung der Menschenrechte einsetzen, auch in konkreten Einzelfällen. Dies betrifft insbesondere die schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen u.a. an den Uigurinnen und Uiguren in Xinjiang, über die auch die Vereinten Nationen berichten, die Lage in Tibet, die Lage in Hongkong, die Lage ethnischer und religiöser Gemeinschaften sowie die deutlich verschlechterte Situation von Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidigern. Wir werden uns für Meinungs- und Pressefreiheit online und offline, für Freiräume der Zivilgesellschaft und für die Achtung der Rechte gesellschaftlicher Minderheiten einsetzen.“
Wir bitten Sie vor diesem Hintergrund, sich mit Nachdruck für eine Verbesserung der Situation Verfolgter und für ein Ende der repressiven Politik der Kommunistischen Partei Chinas einzusetzen und dies gegenüber der chinesischen Staatsführung offen anzusprechen:
Fordern Sie in Bezug auf die Lage in Tibet:
- Ein Ende der Sinisierungspolitik der chinesischen Regierung gegenüber Sprache, Religion und Kultur der Tibeter, insbesondere eine sofortige Schließung der Zwangsinternate für tibetische Kinder und ein Ende von zwangsweiser Umsiedlung von Nomaden und Landbevölkerung;
- Die Wahrung von Religions- und Glaubensfreiheit tibetischer Buddhisten, insbesondere das alleinige Recht des Dalai Lama und der tibetischen Buddhisten, ohne staatliche Intervention über seine Reinkarnation bzw. jene von buddhistischen Würdenträgern zu entscheiden sowie die Freilassung des entführten Panchen Lama Gedhun Choekyi Nyima;
- Ein Ende von Folter und Misshandlung, von systematischer Verletzung der Meinungs- und Versammlungsfreiheit, insbesondere die Freilassung friedlicher Protestierender wie in der osttibetischen Region Derge, sowie die Haftentlassung tibetischer Menschenrechts- und Umweltverteidiger wie Anya Sengdra, Dorjee Daktal, Kelsang Choklang, Dhongye, Rinchen Namdol, Tsultrim Gonpo, Jangchup Ngodup, Sogru Abhu und Namesy;
- Die Wiederaufnahme des sino-tibetischen Dialogs.
In Bezug auf Ostturkestan (“Uigurisches Autonomes Gebiet Xinjiang”):
- Das sofortige Ende des Völkermordes bzw. der Verbrechen gegen die Menschlichkeit an den Uiguren, wie sie bereits im Sonderbericht des UN-Menschenrechtskommissars, des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages, in Resolutionen des Europäischen Parlaments und in Beschlüssen elf weiterer Parlamente zum Ausdruck kommen; bezeichnen sie diese Verbrechen offiziell und ausdrücklich als Völkermord;
- Die sofortige Freilassung aller Uiguren und anderer Angehöriger turkstämmiger Völker in Internierungslagern, aller Menschenrechtsverteidiger und aller Personen, die wegen der friedlichen Äußerung ihrer Meinung, der Ausübung ihrer Religion oder der Verteidigung ihrer Kultur unrechtmäßig inhaftiert sind;
- Ein sofortiges Ende der grausamen Assimilierungspolitik gegenüber den Uiguren und anderen turkstämmigen Völkern, insbesondere die kulturelle Identität, die Sprache und die Traditionen der Uiguren müssen respektiert und geschützt werden, um ihre Rechte und Freiheiten als Volk zu bewahren;
- Die konsequente Umsetzung der ‚Guiding Principles on Business and Human Rights‘ und die sofortige Beendigung aller Formen uigurischer Zwangsarbeit und moderner Sklaverei in China.
In Bezug auf Hongkong:
- Die Rücknahme der “Verordnung über die Wahrung der nationalen Sicherheit” unter Artikel 23 des Hongkonger Grundgesetzes sowie des “Gesetzes über die Wahrung der nationalen Sicherheit”, dass 2020 vom Nationalen Volkskongress beschlossen wurde;
- Die Freilassung aller politischen Gefangenen, einschließlich Joshua Wong und Chow Hang-tung;
- Einen fairen Prozess für den unter dem Nationalen Sicherheitsgesetz angeklagten Medienmogul Jimmy Lai;
- Den Grundsatz „Ein Land, zwei Systeme“ zu respektieren.
In Bezug auf die Süd-Mongolei (“Autonome Region Innere Mongolei”):
- Die Rücknahme von Verordnungen über die Zurückdrängung der mongolischen Sprache in Kindergärten und Schulen;
- Die Freilassung von politischen Gefangenen wie dem Mongolen Alamusha, die in Haft gefoltert werden.
In Bezug auf chinesische Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidiger:
- Die Freilassung von Menschenrechtsverteidigern wie Xu Zhiyong, Ding Jiaxi, Yu Wensheng und dessen Frau Xu Yan, sowie der Menschenrechtsverteidigerin Xu Qin, die sich für die beiden letzteren eingesetzt hatte. Ihre Fälle stehen beispielhaft für viele andere;
- Ein Ende des systematischen Einsatzes von Folter zur Erzwingung von Geständnissen;
- Ein Ende des systematischen Einsatzes der sogenannten “Residential Surveillance at a Designated Location” als Mittel der Einschüchterung und Erzwingung von Geständnissen.
In Bezug auf transnationale Repression:
- Das Ende von Einschüchterung und Bedrohung von Menschen in Deutschland bzw. deren Familien in China; insbesondere kein Aufsuchen durch Sicherheitsbehörden von Angehörigen in Tibet, Ost-Turkestan, Hongkong, der Süd-Mongolei und China sowie keine Belästigung von Menschen in Deutschland durch Telefonanrufe, Nachstellen, physische Angriffe oder Doxing;
- Keine Schikane und Einschüchterung bei Reisen nach China von in Deutschland lebenden Personen; insbesondere keine stundenlangen Verhöre bei Einreise nach und Aufenthalt in China sowie unkomplizierte Genehmigung von Visa-Anträgen von in Deutschland lebenden Personen mit Familie in China.
Die im Februar 2022 angesichts der Vollinvasion der Ukraine durch Russland von Ihnen angekündigte „Zeitenwende“ darf sich nicht nur auf Russland beschränken, sondern sollte konsequent auch gegenüber allen Autokratien dieser Welt umgesetzt werden. Das gilt insbesondere auch gegenüber der alleinherrschenden Kommunistischen Partei Chinas, die unter Xi Jinping noch repressiver geworden ist und mittlerweile offen totalitäre Züge trägt. Schon unmittelbar nach der Ernennung Xi Jinpings zum Generalsekretär der Kommunistischen Partei und zum Staatschef der Volksrepublik war deutlich, dass die Partei sich in Gegnerschaft zu universellen Menschenrechten, Pluralismus und Demokratie sieht und als Konsequenz auch unsere freiheitliche Demokratie in Deutschland untergraben will.
Wir sind unterdessen in großer Sorge, dass – ähnlich wie im Falle Russlands – die Natur der Herrschaft der Kommunistischen Partei Chinas falsch eingeschätzt oder gar ignoriert wird. Die China-Strategie der Bundesregierung fordert, dass „wir unsere Augen vor den Veränderungen in Chinas Politik nicht verschließen [können]“. Das bedeutet auch, dass diese Politik, die sich so verheerend auf Tibeter, Uiguren, Süd-Mongolen, Hongkonger und Chinesen selbst auswirkt, nicht ohne Konsequenzen bleiben kann. Es reicht nicht aus, nur zu sehen. Auch in unserem ureigenen Interesse als freiheitliche Demokratie muss dem Unrecht der Kommunistischen Partei Chinas deutlich widersprochen werden – auch öffentlich während Ihres Aufenthaltes in China.
Wir wünschen Ihnen eine sichere Reise und hoffen auf eine Berücksichtigung unserer Anliegen. Wir freuen uns, von Ihnen im Nachgang der Reise zu hören.
Hochachtungsvoll,
Dolkun Isa, Weltkongress der Uiguren
Hanno Schedler, Gesellschaft für bedrohte Völker
Kai Müller, International Campaign for Tibet
Ray Wong, Freiheit für Hongkong e.V
Tenzyn Zöchbauer, Tibet Initiative Deutschland